Don't Explain (Live in Concert) Heinz Sauer & Michael Wollny

Cover Don't Explain (Live in Concert)

Album info

Album-Release:
2012

HRA-Release:
11.12.2012

Album including Album cover Booklet (PDF)

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Formats & Prices

Format Price In Cart Buy
FLAC 44.1 $ 13.50
  • 1 All Blues 06:40
  • 2 Nothing Compares 2 U 05:09
  • 3 Don't Explain 09:26
  • 4 Wenn der Pastor im grünen Hemd... 02:58
  • 5 Open Fields 03:07
  • 6 There Again 03:27
  • 7 Make You Feel My Love 06:00
  • 8 Believe, Beleft, Below 04:43
  • 9 Space Cake 01:49
  • 10 Kind of Blues 04:11
  • Total Runtime 47:30

Info for Don't Explain (Live in Concert)

Pünktlich zum 80. Geburtstag des „Altmeister des Saxophons“ (ZEIT) erscheint mit “Don´t Explain“ das vierte Album des Generationen übergreifenden Duos, von dem die Welt am Sonntag sagt, es gehöre zum „Besten, das deutscher Jazz zu bieten hat'. Ein musikalischer Seiltanz ohne Netz und doppelten Boden.

Er fühle sich „Weder Ur- noch Gestein“, erwiderte Heinz Sauer, als er zu den fundamentalen Größen des deutschen Jazz gezählt wurde. Dabei wird der Saxofonist, der am 25. Dezember 2012 seinen 80. Geburtstag feiert, ganz zu Recht „ein Gigant“ (FAZ) und „Altmeister des Saxophons“ (DIE ZEIT) genannt, stand er doch seit seinen Anfängen an der Seite Albert Mangelsdorffs im Zentrum der europäischen Jazzgeschichte. Im Grunde aber ist Heinz Sauer bis heute ein Heranwachsender: einer, der weiß, dass der Weg des Meisters nie am Ziel ankommt.

Schon früh gehört Sauers Funken sprühendes Spiel zu den markanten Klangfarben eines selbstbewusst europäischen Jazz, auch wenn er sich immer wieder auch mit der US-Tradition auseinandersetzt, mit George Adams und Archie Shepp, später mit Bennie Wallace, in Aufnahmen mit Dave Holland und Jack DeJohnette – und immer wieder mit dem Pianisten Bob Degen. Als letzterer 1999 für einige Zeit in die USA zurückkehrt und sein Pianohocker im hr-Jazzensemble, dem Sauer seit einem halben Jahrhundert angehört, frei wird, meint es das Schicksal gut mit dem wählerischen Saxofon-Individualisten: Er trifft hier auf den jungen Michael Wollny, der ihn nachhaltig beeindruckt.

Als Duo treten die Beiden erstmals im Literaturhaus Darmstadt auf. Die Bühne dort bietet gerade Platz für zwei. Ohne Zeit für Absprachen sind sie darauf angewiesen, frei zu improvisieren. Der Abend gelingt und zieht Folgen nach sich. „So entwickeln einer der großen Individualisten des Saxofons und das größte deutsche Pianisten-Talent faszinierende Dialoge voll unsentimentaler Wärme, mit oft überraschenden Pointen. Man möchte ihnen endlos zuhören“ schreibt die Münchener TZ, als im Frühjahr 2005 mit „Melancholia“ das erste gemeinsame Album erscheint. DIE ZEIT entdeckt in der unverstellten Ausdruckskraft des Generationen übergreifenden Duos grundlegende Qualitäten und jubelt: 'Der Jazz lebt hier wieder' und die WELT am Sonntag zählt es 'zum Besten, das deutscher Jazz zu bieten hat'.

„Die Kontrolle aus der Hand geben und sehen, was passiert“ nennt Wollny das Credo des gemeinsamen Spiels mit dem Duo-Partner Sauer, das ihren freien, aus der Ruhe geschöpften Improvisationen ebenso zu Grunde liegt wie den Erkundungen der Eigenkompositionen, die sie sich gegenseitig vorstellen - oder jener Wege, die sie durch Klassiker von Monk und Billie Holiday nehmen. Ihren Radius erweitern sie dabei in Sieben-Meilen-Stiefeln, auf „Certain Beauty“ heißen die Basisstationen ihrer Expeditionen unter anderem Gershwin, Gil Evans, Björk und Prince. Das Album schlägt auch außerhalb Deutschlands hohe Wellen. In Frankreich kürt das renommierte Magazin Jazzman das Album mit dem CHOC zur Jazz-CD des Jahres 2006.

Die konzentrierten Zwiegespräche machen dabei nicht viele Worte, die melancholische Grundhaltung entspricht tiefer Lebenserfahrung. „If (Blue) Then (Blue)“ heißt das folgende Album, das Heinz Sauer gleich in zwei Duos zeigt: jeweils abwechselnd mit den Pianisten Michael Wollny und Joachim Kühn. „Schlicht eine Meisterleistung!“ konstatiert das Magazin Stereoplay, und die FAZ fasst zusammen: „Heinz Sauers Spiel ist von unvergleichlicher Dichte, Weisheit, Vitalität, Schönheit, Unberechenbarkeit. Das noch junge Jazzjahr hat sein erstes Meisterwerk.“

Pünktlich zu seinem 80. Geburtstag erscheint jetzt mit “Don´t Explain“ das vierte Album von Heinz Sauer im Duo mit Michael Wollny – live aufgenommen in Darmstadt, wo für die Beiden vor nunmehr 10 Jahren alles begann. Am 2. September eröffneten Sie dort die Reihe „Live! - Jazz in der Stadtkirche“ – und stellten ihr Konzert unter das Motto „Open“: „Offen für den Raum, das Publikum, die Atmosphäre, die Schwingungen, die uns während des Konzerts erreichen. Ein musikalischer Seiltanz ohne Netz und doppelten Boden“, wie Sauer zusammenfasst.

Im spätgotischen Chor-Gewölbe aus dem 14. Jahrhundert entwickeln die Improvisationen des Duos besondere Intensität „eben weil sich der spontan erfundene Klang hier anders entfaltet als in den üblichen Konzerthäusern“ wie Wollny ergänzt.

Unter diesen besonderen Umständen wagte das Duo das Experiment eines Live-Mitschnitts. Die beiden Partner konnten sich dabei blind vertrauen: „scheinbar aus dem Nichts geboren“ (Darmstädter Echo) entfalten sich ihre Klänge, spannen sich Motive zu großen Bögen, zu Räumen freier Inspiration. Entschlossen weiten sie deren Grenzen aus – und finden in intuitivem Einverständnis zurück zur Stille. Als Wegmarken bei ihren traumwandlerischen Exkursionen dienen ihnen Miles Davis, Billie Holiday, e.s.t., Prince, sogar Bob Dylan, dieser andere große erzählerische Einzelgänger.

So ist mit „Don´t Explain“ das beeindruckende Dokument einer lebendigen musikalischen Partnerschaft entstanden. Für Heinz Sauer das schönste Geburtstagsgeschenk. „Älter werden muss ja nicht negativ sein“ sagt er. „Als Musiker, als Künstler empfinde ich mich schon als ein privilegierter Mensch.“

„Im Zusammenspiel haben Sauer und Wollny eine Qualität der Synchronität und des spontan aufeinander Reagierens entwickelt, die einen glauben macht, sie spielten schon Jahrzehnte zusammen. (...) Auch die Tontechnik überzeugt: Insbesondere das Saxophon klingt sehr nuancenreich und direkt.' (Stereo, Januar 2013)

Heinz Sauer, Tenor Saxophone
Michael Wollny, Klavier

Produziert von Siggi Loch
Live aufgenommen von Walter Quintus am 2. September 2012 in der Stadtkirche Darmstadt
Gemischt und gemastert von Walter Quintus

Heinz Sauer - Saxophone
„Weder Urgestein noch Legende“ lautete unlängst die Überschrift eines Interviews mit Heinz Sauer. Eine Schlagzeile, die sofort zum Widerspruch auffordert: schließlich feiert der Frankfurter Tenorsaxofonist, den die FAZ einen „Giganten“ nennt, am 25. Dezember 2012 seinen 80. Geburtstag. Aber sich als „Legende“ in die Ahnengalerie zurück zu ziehen? Undenkbar. Und Urgestein? Das fördert eher sein Saxophonspiel zu Tage, das Ulrich Olshausen einmal treffend mit einem Vulkanausbruch verglich.

Nein, Heinz Sauer ist ein Gigant, ein „Altmeister des Saxophons“ (DIE ZEIT) und „die unbeugsame Instanz im deutschen Jazz“ (Hans Jürgen Schaal) – und nach wie vor einer der kreativsten Musiker der europäischen Jazzszene. Woche für Woche steht er mit dem hr-Jazzensemble im Studio, dem er seit einem halben Jahrhundert angehört; auf der Bühne sucht er regelmäßig die Abwechslung: entweder im Duo mit Michael Wollny oder dem alten Freund Bob Degen – und in immer neuen Projekten, wie z. B. im Berliner Quartett mit dem Saxophonkollegen Daniel Erdmann.

Als Improvisator und Komponist, der den Respekt vor der Jazztradition mit einer unbezweifelbar zeitgenössischen Eigenständigkeit verbindet, ist er immer wieder ausgezeichnet worden. So bekommt er 1991 den Jazzpreis des Landes Hessen verliehen, 1999 im Rahmen des Jazzfests Berlin den so genannten „Albert-Mangelsdorff-Preis“. Für sein Duo mit Michael Wollny erhält er 2008 den SWR-Jazzpreis und 2011 schließlich den Echo Jazz als bester Saxofonist.

Zu den Aktiven im Herzen des deutschen Jazz gehört er schon lange. 1956 macht er zum ersten Mal auf sich aufmerksam, als er den ersten Preis beim Deutschen Amateur-Jazzfestival gewinnt. Als Schüler im Nachkriegs-Deutschland hatte er im Radio Jazz gehört, diese viel versprechend andere Musik. Erst als Student (Physik und Mathematik in Darmstadt) besorgt er sich ein Instrument und wandelt sich vom begeisterten Jazzfan zum praktizierenden Autodidakten. Zum Üben fährt er auf die Felder vor den Toren Frankfurts und jammt bald abends in den Kaschemmen und Jazzkellern, auch mit den „Amerikanern“.

Als 1960 im Albert Mangelsdorff Quintett der Posten des Saxofonisten frei wird, ist es Heinz Sauer, den der Frankfurter Posaunist und profilierte deutsche Jazzmann fragt. Der ergreift die Chance, wird Mitglied in Mangelsdorffs Band, die bis zu ihrer Auflösung 1978 mit Tourneen durch Asien, USA, Kanada, Südamerika, den Orient, Nordafrika und fünf Schallplatteneinspielungen zu den prägenden Ensembles des europäischen Jazz zählt. Hier präsentiert Sauer eigene Kompositionen und reift als Improvisator zum kongenialen Gegengewicht des Posaunisten, das er bis zu dessen Tod 2005 auch im hr-Jazzensemble bildet.

Schon früh gehört der heisere und doch so energiegeladene Ton des Saxophonisten Sauer zu den markanten Klangfarben des zeitgenössischen Jazz. Selbstverständlich geht er ab 1968 mit den „German All Stars“ auf Auslandstournee und steht 1967 - ´70 mit dem Globe Unity Orchestra um Alexander von Schlippenbach auf den Festivalbühnen in Donaueschingen und Berlin. 1974 gründet er mit Bob Degen, Ralf Hübner, Günter Lenz und Günter Kronberg (bzw. nach dessen Tod 1977 Christof Lauer) die Band „Voices“ und steht 1978 im Mittelpunkt eines Tenorsaxophone-Summits beim Deutschen Jazzfestival in Frankfurt – mit George Adams und Archie Shepp.

In der Folge spielt Sauer mit Adams das Album „Sound Suggestions“ (ECM) ein – mit den Sidemen Kenny Wheeler, Dave Holland und Jack DeJohnette. 1980 trifft er - wieder beim Frankfurter Jazzfestival – auf Bennie Wallace. Sauer, der sich als Autodidakt ein dezidiert europäisches Selbstbewusstsein erspielt hat, wird nun auch international wahrgenommen, Konrad Heidkamp schreibt in der Zeit: „Lebte Heinz Sauer in New York, stünde er im Jazz-Olymp der Saxophonisten.“

Doch er bleibt in Deutschland, setzt sich im Duo mit dem aus Boston eingewanderten Pianisten Bob Degen mit der US-Tradition des Jazz auseinander. 1981 erhält ihr Album „Ellingtonia Revisited“ (MPS) den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik. Fortan bilden sie das Fundament ganz unterschiedlicher Besetzungen: Degen spielt nicht nur im hr-Jazzensemble, sondern auch im Heinz Sauer Quartett und im Trio mit Bassist Stephan Schmolck.

Daneben arbeitet Heinz Sauer in einer Vielzahl von Projekten u.a. mit Hans Lüdemann, Stefan Lottermann, Steve Argüelles, John Schröder und Christopher Dell zusammen. Anfang der 90er Jahre entwickelt er den „Parcours Bleu à Deux“ mit dem Saxofonisten und Multimedia-Künstler Alfred 23 Harth und kombiniert beim Konzert in der Alten Oper die Klänge seines Quintetts mit Synthesizer-Sounds. Schließlich brilliert er auch als Solist mit der NDR Bigband („Ellingtonia“ ACT 9233-2, mit Tomas Stańko, Slide Hampton u.a.).

Seine Vorliebe aber gilt der engen Zusammenarbeit in kleinen und kleinsten Besetzungen, mit verwandten Geistern. Als 1999 der langjährige Duo-Partner Bob Degen zurück in die USA übersiedelt, zerbricht das gemeinsame Trio. Doch das Schicksal meint es gut mit dem wählerischen Individualisten Sauer. Im hr-Jazzensemble, wo Degen ebenfalls eine empfindliche Lücke hinterlässt, lernt er den jungen Pianisten Michael Wollny kennen, damals noch Student an der Musikhochschule Würzburg. Im Rahmenprogramm einer Lesung im Literaturhaus Darmstadt treten die beiden erstmals als Duo auf, die Bühne bietet gerade Platz für Zwei, die Zeit für Absprachen fehlt ebenfalls, sind sie darauf angewiesen, frei zu improvisieren. Der Abend gelingt, das "Traumpaar des aktuellen deutschen Jazz" (wie das Fono Forum später schreiben wird) hat sich gefunden. Was folgt, ist unausweichlich: Im Frühjahr 2005 erscheint mit „Melancholia“ (ACT 9433-2) das erste Album des Duos Sauer-Wollny. Beide tragen zu gleichen Teilen Kompositionen bei, im Wechsel mit gemeinsamen Improvisationen und Standards von Monk und Holiday, der Titel-Track stammt von Ellington.

Die Zusammenarbeit des Generationen übergreifenden Duos trifft mit ihrer unmittelbaren, von allem Überflüssigen befreiten Ausdruckskraft ins Schwarze. DIE ZEIT jubelt: "Der Jazz lebt hier wieder" und auch die WELT am Sonntag zählt das Album "zum Besten, das deutscher Jazz zu bieten hat". Nur ein Jahr darauf präsentieren sie eine weitere Dimension der gemeinsamen Auseinandersetzung: neben weiteren Klassikern aus dem Great American Songbook – von Monk und Gil Evans bis zu Gershwin und Billy Strayhorn nehmen die zwei Improvisatoren auf „Certain Beauty“ (ACT 9442-2) auch Melodien von Björk, Prince und des Esbjörn Svensson Trios zum Ausgangspunkt ihrer Dialoge. In Frankreich zeichnete das renommierte Jazzman-Magazin das Album mit dem CHOC zur CD des Jahres 2006 aus.

Ende 2007 feiert Heinz Sauer seinen 75. Geburtstag, der hessische Rundfunk widmet seinem Schaffen eine sechsstündige „Lange Jazz-Nacht“ (und kann damit gerade einmal an der Oberfläche kratzen) – und anlässlich des Jubiläums präsentiert das Album „The Journey“ (ACT 9461-2), in 15 Tracks einen Querschnitt des Sauerschen „Weltklasse-Jazz aus Deutschland“ (SPIEGEL), von frühen Aufnahmen mit dem Mangelsdorff-Quintett über die Arbeit mit NDR Bigband, hr Jazzensemble, bis zum Heinz Sauer Trio und den Duos mit Bob Degen bzw. Michael Wollny. Das Jazzpodium stellt dennoch fest: „Heinz Sauer ist, wenngleich auf zuletzt in erfreulicher Weise gestiegenem Niveau, nach wie vor unterbewertet.“

Das bleibt - angesichts von Sauers Format unumgänglich - auch so, als im Januar 2010 „If (Blue) Then (Blue)“ (ACT 9493-2) erscheint, das Heinz Sauer abwechselnd in Duos mit den Pianisten Michael Wollny und Joachim Kühn zeigt. „Schlicht eine Meisterleistung!“ konstatiert das Magazin Stereoplay, und die FAZ fasst zusammen: „Heinz Sauers Spiel ist von unvergleichlicher Dichte, Weisheit, Vitalität, Schönheit, Unberechenbarkeit. Das noch junge Jazzjahr hat sein erstes Meisterwerk.“ Die Serie der Lobpreisungen setzt sich fort: Das Album gewinnt den Preis der deutschen Schallplattenkritik, sowie den Echo Jazz (bester Saxofonist national) und wird in Frankreich mit dem CHOC Award von Jazzman / Jazz Magazine ausgezeichnet.

Pünktlich zu seinem 80. Geburtstag erscheint jetzt mit “Don´t Explain“ (ACT 9549-2) das vierte Album von Heinz Sauer im Duo mit Michael Wollny – live aufgenommen in Darmstadt, wo für die Beiden vor nunmehr 10 Jahren alles begann. Am 2. September eröffneten Sie dort die Reihe „Live! - Jazz in der Stadtkirche“ und stellten ihr Konzert unter das Motto „Open“: „Offen für den Raum, das Publikum, die Atmosphäre, die Schwingungen, die uns während des Konzerts erreichen. Ein musikalischer Seiltanz ohne Netz und doppelten Boden“, wie Sauer zusammenfasst.

Er fühle sich „Weder Ur noch Gestein“, gab Heinz Sauer übrigens vor fünf Jahren zu Protokoll. Und das gilt noch immer: er ist im Grunde ein junger Musiker geblieben – einer, der sich noch immer weiter entwickelt.

Michael Wollny - Klavier
Seit Michael Wollny mit dem Trio-Debüt call it [em] im Januar 2005 den Auftakt zur ACT-Reihe Young German Jazz gab, feiern die Feuilletons den jungen Pianisten nicht nur als Vertreter einer neuen Generation von Jazzmusikern in Deutschland, sondern auch als eines der größten Nachwuchstalente am Klavier. „Jung genug, um den Jazzgeschichtsballast nicht herumschleppen zu müssen und wach genug, um jeden Tag etwas Altes neu zu entdecken“ (K. Heidkamp Die Zeit). Solches Lob freut den bescheidenen Musiker natürlich, wie auch der nachhaltige Erfolg seiner seither fünf Produktionen bei ACT, der ihm mit [em], dem Sextett Young Friends und nicht zuletzt seinem Duo-Partner Heinz Sauer zahlreiche Auftritte im In- und Ausland verschaffte – und von Auszeichnungen wie dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik (für Melancholia, ACT 9433-2) oder dem Bayerischen Kulturförderpreis 2005 gekrönt wird. "Sein künstlerischer Werdegang ist beeindruckend" hieß es bei der offiziellen Preisverleihung – und stellt sich bei genauerem Hinsehen als konsequente Entwicklung einer außergewöhnlichen Begabung dar.

Schon als der 1978 in Schweinfurt geborene, heute in Frankfurt am Main lebende Michael Wollny mit 5 Jahren ersten Unterricht an Klavier und Geige erhält, stehen neben klassischen Etüden von Anfang an auch Improvisations-Übungen auf dem Lehrplan. "Für mich war so mit sieben, acht Jahren Klavier spielen immer beides – Improvisation und Bach spielen, Mozart spielen", erzählt Wollny. Als ein Onkel ihm Keith Jarretts Köln Concert als Schallplatte schenkt, entdeckt Michael Wollny den Jazz und so pendelt er bereits als Sechzehnjähriger nach Würzburg, um dort als Gasthörer an den Jazzkursen des Herrmann-Zilcher-Konservatoriums teilzunehmen. Dort trifft Wollny auf Chris Beier, Hochschullehrer und individualistischer Jazzpianist, der den Studenten von 1997 bis zum künstlerischen Diplom 2002 dazu auffordert, lieber eigene Konzepte zu entwickeln, anstatt akademisch ein Standard-Repertoire aus zweiter Hand zu lernen.

Michael Wollny nutzt die Freiheit und ist schon während des Studiums überregional aktiv, zum Beispiel im BuJazzO – wo auch Walter Norris und John Taylor in Unterrichtseinheiten lieber frei mit dem jungen Pianisten improvisieren als Bigband-Arrangements zu pauken. Wohler fühlt sich Wollny ohnehin in kleineren Besetzungen. Ein erstes Album unter eigenem Namen erscheint 2000 im Trio mit Wolfgang Kriener (b) und Joachim Leyh (dr), das im folgenden Jahr auch gemeinsam mit dem hessischen Saxophonisten als Peter Back Quartett im Studio ist und 2002 den Trompeter Hans-Peter Salentin begleitet. Im Duo mit dem Saxophonisten Hubert Winter zeigt Michael Wollny bereits 2001 seine Vorliebe für diese intimste Form der musikalischen Interaktion.

2001 auch fügen sich für Michael Wollny die Puzzleteile zu einem sinnvollen Ganzen. Peter Back empfiehlt Michael Wollny für den vakanten Posten des Pianisten im HR-Jazzensemble, der seit 1999 im Wechsel mit den besten freien Musikern Deutschlands besetzt wird. Neben Kollegen wie Jens Thomas, Hans Lüdemann oder auch Vibraphonist Christopher Dell kommt der junge Michael Wollny so ins Studio II des HR – zu so renommierten Protagonisten des deutschen Jazz wie Albert und Emil Mangelsdorff, Christof Lauer, Stephan Schmolck und nicht zuletzt Heinz Sauer.

Der Saxophonist, der seit den 1960er Jahren zu den markantesten Stimmen des Jazz in Europa gehört, ist begeistert von dem jungen Mann am Klavier und lädt ihn ein, mit dem Heinz-Sauer-Sextett beim 32. Deutschen Jazzfestival in Frankfurt aufzutreten. Auch wenn der Seventy-Something Sauer durchaus als Wollnys Großvater durchgehen könnte, die beiden Musiker kommunizieren ohne jede Generationengrenze, "weil Heinz mit keiner Faser versucht, jemandem musikalisch etwas aufzudrücken. Er hat eine Idee, er bringt die mit – und dann wartet er erst mal darauf: was kommt da zurück? Wenn man auf diese Art gefordert ist: als Mitspieler, dann ist das kein Lehrer-Schüler-Verhältnis. Auch wenn ich es als große Ehre empfinde, mit ihm zu spielen“, erklärt Wollny die Zusammenarbeit. Das aufmerksame Miteinander der Musiker kann sich hören lassen. Schon ihr erstes gemeinsames Album Melancholia (ACT 9433-2) wird 2005 mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik geehrt, für das zweite Album Certain Beauty (ACT 9442-2, 2006) reisen sie ins Rainbow Tonstudio nach Oslo, zum legendären Toningenieur Jan Erik Kongshaug, der schon den Klavierklang von Keith Jarrett bei ECM prägte. Die Kritiken überschlagen sich und das französische Magazin JAZZMAN zeichnet das Album mit dem renommierten "CHOC" als Jazz-CD des Jahres 2006 aus. 2008 erhalten sie dafür auch den SWR Jazzpreis.

Gemeinsamer musikalischer Austausch auf gleicher Augenhöhe – das ist auch das Prinzip des Trios [em], das Michael Wollny 2002 mit der Bassistin Eva Kruse und dem Schlagzeuger Eric Schaefer gründet. Hier wächst zusammen, was aufhorchen lässt: Bayern, Brunsbek und Berlin. Nordlicht Kruse studierte in der Hauptstadt und pendelt zwischen expressiven Experimenten im Arne Jansen Trio und den elektrisierenden Jazzfloor-Beats des Weilheimer Tied & Tickled Trio. Eric Schaefer ist der wohl interessanteste Schlagwerker der Hauptstadt, studiert bei Stockhausens Schlagzeuger Christoph Caskl und ist mit Nickendes Perlgras längst bundesweit bekannt.

Aus dieser explosiven Mischung entsteht in der Abgeschiedenheit eines Göteborger Studios das Album call it [em], das im Januar 2005 den Startschuss zur neuen ACT-Reihe Young German Jazz gibt. "Call it [em] klingt wie eine Inhaltsangabe dessen, was wache, junge Jazzmusik 2005 ausmachen soll. Frisch, voller umherfliegender Einflüsse, nicht populistisch. Etwas Eigenes. Weg vom Mainstream, Schräglage, Bewegung, Nervosität, Hektik, Meditation, Tempo, Slow Motion, Dada, HipHop, Bebop" (Jazzthing). Noch im gleichen Sommer feiern [em] in nur einer Festivalwoche bei JazzBaltica in Salzau, beim Festival International de Jazz in Montreal/Kanada und zurück in Europa beim North Sea Jazz Festival in Den Haag ihren Einstand. Im September 2006 erschien der Nachfolger [em] II (ACT 9655-2), auf dem die drei nicht nur halten, was ihr Debüt versprach, sondern durch ihre gewachsene künstlerische Reife überzeugen. Die ZEIT erklärt [em] zum "aufregendsten Pianotrio der Welt", und der britische OBSERVER ist überzeugt: "This is the future sound of jazz". Daneben gab es zahlreiche Preise und Auszeichnungen, gekrönt vielleicht vom Ronnie Scott’s Jazz Award 2007, den sie als “Most Promising International Newcomer of The Year” erhielten. Das Trio spielte in der Folge in 13 Ländern Konzerte, und präsentierte in London “one of the most assured UK debuts in recent years” (Jazzwise). Im Frühjahr 2008 dann stellt das Berliner Dreigespann sein drittes Album vor: Unter dem einfachen Titel [em] 3 (ACT 9660-2) holen sie zu einer der komplexesten Klangmeldungen des gegenwärtigen Jazz aus. Sie durchbrechen nicht nur das Regelwerk des Jazz, sondern sie finden auch für sich selbst einen ganz neuen Ansatzpunkt und geben dem Jazz zurück, was er zurzeit oft so schmerzlich vermissen lässt: seine Dringlichkeit und Alltagsrelevanz. Das Album wurde zur CD des Monats in den Magazinen RONDO (DE), PIANO NEWS (DE), JAZZMAN (FR) gekürt und erhält den Disque d'emoi Jahrespreis 2008 des französischen JAZZMAGAZINE.

Dass Michael Wollny zu den international bemerkenswertesten Pianisten gehört, hat er natürlich auch schon mit seinem Beitrag zur ACT-Anthologie Piano Works – Romantic Freedom (ACT 9749-2) bewiesen. Zwischen Joachim Kühn (der einst Thema seiner Diplomarbeit war) und Brad Mehldau liefert Michael Wollny hier mit der Eigenkomposition There Again seine erste Solo-Aufnahme überhaupt – ein Debüt mit Folgen. Die Aussicht auf ein komplettes Solo-Album vor Augen, zieht sich Wollny im Sommer 2006 einen Monat lang auf die Insel Gotland zurück, hört dort viel Schubert, Steve Reich, Björk und Joachim Kühn. Dann tritt er bei der JazzBaltica erstmals allein am Flügel, neben Kollegen wie Mehldau, Marcin Wasilewski und Kenny Barron, auf – und Ende Februar 2007 wurde sein Solo-Album Hexentanz (ACT 9756-2) als 7. Folge der Reihe Piano Works veröffentlicht. Die Kritiken waren sich einig wie selten: „Wollny ist die große Hoffnung des intelligenten Pianojazz aus Deutschland.“ (WELT) Auch für dieses Werk erhielt Wollny den Disque d'emoi Jahrespreis 2007 des französischen JAZZMAGAZINE. Im September 2008 dann trifft Wollny beim ACT Festival „Jazz and Friendship“ auf Schloss Elmau in einem Duo-Konzert auf den von ihm so verehrten Joachim Kühn. Das Ergebnis dieser Klavier-Sternstunde voller Intensität ist auf der CD „Piano Works IX: Joachim Kühn und Michael Wollny live at Schloss Elmau“ (ACT 9758-2), die im März 2009 erschien.

Dass Michael Wollny stets für eine Überraschung gut ist und sich immer wieder dazu aufmacht, seine Musik klanglich und kompositorisch neu zu erfinden, beweist er 2009 mit dem Album „Wunderkammer“ (ACT 9487-2). Schon die Instrumentierung überrascht: Celesta, Harmonium, Fender Rhodes und Konzertflügel bilden das klangliche Spektrum des Albums. Zusammen mit der Cembalistin Tamar Halperin und dem Produzenten Guy Sternberg sucht Michael Wollny nach dem nie Gehörten. Herausgekommen ist eine Sound-„Wunderkammer“, die nach einigen Eingewöhnungsminuten ein hochgradig fesselndes Abbild heutiger und früherer Klangwelten ergibt.

Im Jahr 2010 wird Michael Wollny mit dem, erstmals als eigenständigem Preis vergebenen ECHO Jazz als bester Pianist national ausgezeichnet. Im Herbst des selben Jahres erscheint mit „[em] LIVE at JazzBaltica“ (ACT 9669-2) das vierte Album der Band [em] – eine Liveaufnahme, entstanden auf dem renommierten JazzBaltica Festival in Salzau, welches Michael Wollny einen ganzen Abend mit den unterschiedlichsten Projekten widmet. [em] LIVE at JazzBaltica wird zu einem der meistbeachtetsten Jazzalben des Jahres 2010. Großbritanniens Kritiker-Papst Stuart Nicholson nennt die Aufnahme „das wohl beste Jazzalbum der letzten 25 Jahre“. Mit [em] LIVE erfährt die ohnehin beeindruckende Karriere von[em] einen neuen Vitalitätschub – alle drei Musiker scheinen in der Form ihres Lebens zu sein. Im März 2011 erhalten [em] den Neuen Deutschen Jazzpreis – sowohl als Band, als auch für Michael Wollny als besten Solisten. Im Herbst 2012 geht Michael Wollny wirkt Michael Wollny auf Nils Landgren’s Album „The Moon, The Stars And You“ (ACT 9505-2) mit und begleitet „Mr. Red Horn“ auch auf Europa-Tournee, auf der er auch in den größten Konzerthäuser euphorisch gefeiert wird. Höhepunkt des Jahres 2011 ist der Echo Jazz als Band des Jahres national für [em] LIVE at Jazz Baltica.

Ende Februar 2012 veröffentlicht Michael Wollny mit seinem Trio [em] „Wasted & Wanted“: Die Aufnahme vereint erstmals alle Facetten Wollny’s komplexer Musikerpersönlichkeit – von den vertrackt komplexen Arrangements der frühen [em] Alben, über den pianistischen Ausdruck auf Hexentanz, die mystisch-verzauberte Stimmung der „Wunderkammer“ bis zu den Rock-Einflüssen von „Live at JazzBaltica“. Doch die Musik ist mehr, als die Summe ihrer Einzelteile. Die Band stellt eindrucksvoll ihre Fähigkeit unter Beweis, sich immer wieder neu zu erfinden. Und liefert gleichzeitig eine mehr als überzeugende Antwort auf die Frage nach der Zukunft des deutschen Jazz. Druckvoll, modern, emotional, intelligent, virtuos, energetisch, offen nach allen Richtungen und zugleich ganz und gar eigenständig – Michael Wollny’s [em] dürfte die Kraft haben, einem ganzen Genre neue Impulse zu verleihen.

Booklet for Don't Explain (Live in Concert)

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