Cover Chin: Cello Concerto

Album Info

Album Veröffentlichung:
2023

HRA-Veröffentlichung:
22.12.2023

Das Album enthält Albumcover Booklet (PDF)

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FLAC 48 $ 8,80
  • Unsuk Chin (b. 1961): Cello Concerto:
  • 1 Chin: Cello Concerto: I. Aniri 09:42
  • 2 Chin: Cello Concerto: II. 02:54
  • 3 Chin: Cello Concerto: III. 07:25
  • 4 Chin: Cello Concerto: IV. 06:35
  • Total Runtime 26:36

Info zu Chin: Cello Concerto

Die Musik von Unsuk Chin ist ein Zauberreich. Ständig eröffnen sich neue Perspektiven, mal gibt es Labyrinthe aus neuartigen Klängen und komplexen Strukturen, dann wieder Momente überirdischer Schönheit. Für uns als Orchester hält diese Welt durchaus Herausforderungen bereit – schließlich ist das Ausloten spieltechnischer Grenzen Teil des Stils von Unsuk Chin. Oder anders gesagt: Sie ist eine Komponistin, in deren Musik wir unsere Stärken zeigen können. Durch ihren Einfallsreichtum verkörpert sie zudem beispielhaft die nicht versiegende Vitalität heutiger Musik. Diesen Qualitäten ist es zu verdanken, dass wir bisher nur mit ganz wenigen Komponis- tinnen und Komponisten so oft und so fruchtbar zusammengearbeitet haben wie mit Unsuk Chin.

Über das Werk: Für das viersätzige Cellokonzert ließ sich Unsuk Chin von der "einzigartigen Kunstfertigkeit von Alban Gerhardt" inspirieren. Der Widmungsträger brachte es 2009 bei den Londoner Proms unter Ilan Volkov zur Uraufführung und stellte auch die Neufassung 2013 unter Kent Nagano in München erstmals vor. Als "das wichtigste Cellokonzert seit Lutoslawski 1970" bezeichnete "The Guardian" Chins transparentes Werk, das den Solisten trotz großer Orchesterbesetzung niemals zudeckt und die spezifischen lyrischen Qualitäten des Instruments bei allen technischen Schwierigkeiten ergiebig auslotet.

Nur sehr selten bezieht sich Unsuk Chin auf musikalische Traditionen ihrer Heimat Korea. Im Cellokonzert gibt es aber tatsächlich einen narrativen Anker: Der erste Satz Aniri ist nach einem Begriff aus dem koreanischen Pansori-Theater benannt und bezeichnet in diesen "Ein-Mann-Opern" die Erzählpassagen. Und wie der Akteur eines epischen Gesangs zieht der Cellist alle in seinen Bann. Eingeführt wird er durch kaum hörbare, zarte Tupfer der beiden Harfen: Sie geben den Zentralton gis vor, der im Laufe des Satzes immer wieder als orchestraler Sammelpunkt gesetzt und vom Solisten aufgegriffen wird. Röhrenglocken und Celesta kommen hinzu, immer freier löst sich die melodische Linie des Solisten. Mit höchst differenzierten Spieltechniken wie verschiedensten Flageolett-Graden oder dem Aufschlagen der Bogenstange auf der Saite werden die Spektren zwischen Gesang und Geräusch erkundet. Schattenhaft folgt das Orchester dem Cello, nimmt eine rhythmisch prägnante Figur auf, breitet ein verführerisch glitzerndes Feld über Arpeggien und Flageolettpassagen des Solisten aus – neun Triangel unterstützen den Eindruck des Flirrens und Schwebens. Die kurze Kadenz mündet wieder in den Zentralton gis. Das träumerische Verharren wird durch eine abrupte Detonation unterbrochen – in das orchestrale Verlöschen mischen sich improvisatorische, fieberhaft flackernde Impulse des Cellos. Mit deren Spielanweisung "as fast as possible" zollt Chin dem Cellokonzert ihres Lehrers Gyo¨rgy Ligeti Tribut.

Der frenetische, scherzohafte 2. Satz wurde nach der Uraufführung noch einmal überarbeitet, ja dessen Beginn sogar ganz neu komponiert. Dieser Satz war "der einzige, von dem ich bereits zu Beginn des Kompositionsprozesses eine sehr klare Vorstellung hatte. Was jedoch am Ende der Arbeit dabei herauskam, war etwas ganz anderes", so Chin vor der Revision. Mit motorischem Drive treibt der Solist das Geschehen an, unterstützt vom Ostinato des Schlagwerks. Wie Blitze fahren die Sechzehntelketten der Streicher nieder, obertonreich am Steg gespielt. Unerwartet in diesem rasanten kurzen Ritt entfaltet sich im Cello eine mit künstlichen Obertönen angereicherte Melodie, den ursprünglichen Gedanken Chins aufgreifend, ein stilisiertes Volkslied zu schreiben.

Als äußerster Kontrast und doch wie durch ein gemeinsames Aus- und Einatmen verbunden wirkt der anschließende 3. Satz. Diesmal etabliert der Solist den Zentralton g, um den sich eine delikate choralhafte Aura des Orchesters legt. In aller Empfindsamkeit spinnt das Cello eine Choralmelodie aus, statisch-schwebend von den tiefen Streichern begleitet. Nach einer Kulmination nehmen die Streicher den Choral auf, dann die Holzbläser, vom Cello in einer dunklen kontrapunktischen Gegenbewegung begleitet. Noch stärker spreizt sich das geisterhafte Satzende auseinander: das Cello entschwindet in die höchsten Flageolettregionen, das knorrige Kontrafagott zieht hinunter auf die Erde.

Nach diesen Sphärenklängen versetzt das Orchester dem Solisten im letzten Satz regelrechte Schläge: Harte Akkorde fallen auf ihn nieder, das Sextolenzittern der Violinen greift ihn, wie es in einer Uraufführungskritik bildhaft heißt, "wie ein Schwarm Hornissen" an. Den unablässigen massiven Tutti-Attacken setzt das Cello suchend umherschweifende Figuren entgegen. Von "psychologischer Kriegsführung" spricht Unsuk Chin. Nach einer Explosion von Orchesterfarben übernimmt der Cellist die zitternd aggressive Figur, bis plötzlich mit einer langgesponnenen Melodie noch einmal eine Reminiszenz an den Aniri-Satz aufleuchtet. Der epische Erzähler lässt sich nicht vom Kollektiv unterkriegen – er singt unbeeindruckt seine Seele aus, begleitet nur noch von einem drohenden Motiv der Kontrabässe. Die Schönheit in der Musik Unsuk Chins ist immer auch eine gefährdete. (Kerstin Schüssler-Bach)

Alban Gerhardt, Cello
Berliner Philharmoniker
Myung-Whun Chung, Dirigent



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Booklet für Chin: Cello Concerto

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